Doch bevor er sich noch den zweifellos obszönen Ausführungen in dem sicher auch ihn persönlich nicht schonenden Textdokument widmen konnte, wurde ein Tablett mit Geschirr hereingetragen. „Wo dürfen wir das Mittagessen hinstellen?“, wurde er gefragt. Und auf seine Antwort hin: „Brauchen Sie Hilfe?“ Er verneinte. Es forderte seinen Ehrgeiz heraus, mit einem gesunden Arm und wenigen Fingern auszukommen – außerdem betachtete er dies als Training.
Das Mittagessen bestand regelmäßig aus einer Vorsuppe, einer aus mehreren Vorschlägen auswählbaren Hauptspeise und einem Nachtisch. Dieser Regelmäßigkeit begegnete er mit seinen eigenen Regeln. Die Suppen deckte er nach einem einzigen Versuch nicht einmal mehr auf. Dies mag an dem ungewöhnlich heißen Sommer gelegen haben; oder an seiner Abneigung gegenüber Suppen aus Trockenpulver. Oder aber der eigenartig stärkeschleimigen Konsistenz, der blassen Farbe zu verdanken gewesen sein, die er vorgefunden hatte. Den Teller mit der Hauptspeise deckte er ab und aß die gesamte Portion nacheinander, langsam und mit sichtlicher Befriedigung auf. Der Teller war danach ebenso sauber, wie er ihn seinem Lieblingsitaliener in München regelmäßig zurück in die Küche schickte – als anerkennendes Kompliment an eine liebevoll zubereitete Mahlzeit. Mit der Nachspeise verfuhr er nach Beschaffenheit. Obst verspeiste er in wenigen Bissen. Dosenkompott verschmähte er ebenso wie sahnehaltige Süßspeisen. Damit war dieses Mittagsmahl wie jedes der folgenden abgehandelt.
Er hatte sich Zigarren mitbringen lassen. Mit einer davon in der Hand setzte er sich auf die Bank, welche die kleine, blasse Terasse vor seinem Zimmer möblierte. Er rauchte in langsamen, nachdenklichen Zügen, während die Mittagssonne seinen Schatten an die Rückwand warf. Ohne anzuklopfen hatte Elisabeth sein Krankenzimmer betreten, sein leeres Bett betrachtet und ihn wohl durch das Fenster auf der Terrasse erblickt. Nun stand sie in der Tür, mit ihrem Lächeln, das er so gut kannte. Es spiegelte sowohl ihre Freude über die gelungene Überraschung als auch die freudige Erwartung, dass diese sehr positiv aufgenommen werden würde. Er blieb gleichmütig genug, sich diese Überraschung nicht anmerken zu lassen. Seit er ihre „zweite“ Beziehung vor Monaten beendet hatte, hatten sie keinen Kontakt mehr gehabt. Seinen aufrichtigen Wunsch, doch Freunde zu bleiben, hatte sie klugerweise abgelehnt; bis heute.