Wie sich alle um mich sorgen! Da empfiehlt mir eine entfernte Muse ein weiteres Werk über Liebeshändel – diesmal einen Klassiker: Søren Kierkegaards „Tagebuch des Verführers.“ Für einen naiven Idealisten ohne Arglist und Verstellung ein schwieriges Werk, weniger in Bezug auf das Lesen und Verstehen, als vielmehr auf die praktische Anwendung. Deshalb sage ich gleich, was mir am besten gefallen hat: „Es ist keine Kunst, ein Mädchen zu verführen, dagegen ist es ein Glück, eine zu finden, die es wert ist, verführt zu werden“‚ ( Seite 67 meiner Manesse-Ausgabe). Dieses Glück lässt sich dann ruhig lange auskosten – mit allen einschlägig bekannten Begleiterscheinungen wie Zerstreutheit, unnatürlicher Schüchternheit, mimosenhafter Empfindlichkeit oder auch ständigen Stimmungsschwankungen von der Euphorie in die Depression und zurück. Lange habe ich das vermisst – und der blasse Beziehungsalltag mit seinen Rücksichten und Höflichkeiten steht dazu im Verhältnis wie die Beerdigung zur Geburt.