Daten Sie eine Superzicke?

Vorvorbemerkung: Der nachfolgende Text stellt eine Persiflage bestimmter Kolumnen der Lebenshilfe dar und außerdem eine kleine Übung zum Umgang mit Vorbemerkungen à la Jean Paul.
Vorbemerkung: Eine Vorbemerkung nutzt man zur Danksagung, um den Lesern eine Einordnung zu ermöglichen oder negative Auswirkungen zu vermeiden. Insofern danke ich zunächst allen Superzicken, die mir die hier geschilderten Erkenntnisse überhaupt erst ermöglicht haben. Um weitere besorgte Rückfragen mir nahe stehender Menschen zu verhindern, erkläre ich zugleich, dass der folgende Text keineswegs auf persönlichen Erfahrungen beruht. Der Autor selbst würde niemals Dating betreiben und könnte daher keiner Superzicke in die Hände fallen. Ebenso sind Ähnlichkeiten aller mit dem Autor bekannten Personen zufällig und kein Zusammenhang gemeinsamer Erlebnisse mit dem Beschriebenen beabsichtigt.
Dating kommt wie vieles Schöne und Nützliche aus den USA und gibt zwei Menschen Zeit und Gelegenheit, sich besser kennen zu lernen, bevor sie eine erotische Beziehung beginnen. Wie lange die Phase dauert und wieviel Zärtlichkeit bereits im Spiel ist, hängt von vielen Faktoren ab. Unter anderem davon, wie ernsthaft das Dating eigentlich betrieben wird: Oft geht es Singles einfach darum, sich den Kalender mit Dates anzufüllen, damit ihnen nicht die Decke auf den Kopf fällt. Nun gibt es Menschen, mit denen dieses Spiel leicht fällt, und andere, die komplexere Arten der Zuwendung bevorzugen: Sie melden sich bei Dating-Sites an, stoßen Interessierte dann aber vor den Kopf. Sie installieren Programme für kurze Textnachrichten – darauf antworten sie aber nicht. Dadurch üben sie einen schädlichen Einfluss auf die gute Laune und das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen aus. Zu dieser Gruppe von Menschen gehören die Superzicken. Doch woran erkennen sie eine Superzicke und wie können Sie verhindern, beim Dating an eine zu geraten?
Sie erkennen eine Superzicke als Erstes an der schwierigen Terminvereinbarung: „Mmh, in dieser Woche geht es gar nicht. In der nächsten vielleicht am Donnerstag – ach nein, da wollte Klaus ja – nehmen wir die übernächste Woche. Dann haben wir eine Woche länger Zeit, um wieder abzusagen!“ Auch wenn Sie Topmanager mit 18-Stundentag sind, spielen Ihre Termine dabei keine Rolle. Später werden Sie feststellen, dass alle Gedanken der Superzicke von den eigenen Interessen ausgehen und nur dorthin wieder zurück führen. Lassen Sie sich nicht täuschen! Das gilt auch, wenn es zwischenzeitlich anders aussieht. Ein einziger Kreislauf, den Sie nur in Schwung halten können – eingreifen oder umlenken ist nicht möglich!
Ebenso kann man die Superzicke an unverhältnismäßig egozentrischen Reaktionen erkennen: Ein entfernter Bekannter wartete angespannt in einem Foyer. Von dort sah er, wie seine Verabredung erbost wieder in ihren Mini stieg und davonfuhr: Ihr hatte das Kleingeld für den Parkautomaten gefehlt. Eine andere Superzicke schaute zur Begrüßung nur kurz an ihrem Gegenüber herunter: „Ringelsocken!“ rief sie aus und rauschte durch die noch laufende Drehtür zurück in die Nacht. Zeigt Mann die Neigung, derartige Erlebnisse geduldig zu überstehen, zieht die Superzicke mit absurden Regeln die Daumenschrauben an. Er darf auf dem Gehsteig nur noch links gehen, Handhalten geht gar nicht, Spargel is(s)t obszön, Nackenhaare tragen nur die Affen … die Reihe lässt sich fortsetzen, so lange es Launen gibt. Wer mehr wissen will, liest diese Geschichte im Blog von Paula Lambert!
Deutlich heftiger fallen die Konsequenzen aus, wenn man eine Superzicke erst nach der Datingphase identifiziert: Ein 23-jähriger musste sich im Ehevertrag zur Organspende verpflichten, falls nach einer Trennung der neue Partner seiner Frau Bedarf anmelden würde – egal ob lebend oder tot!
Dann lieber schnell verabschieden? Ja, aber richtig. Versuchen Sie nicht, Rache zu nehmen oder die Superzicke mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Dies hat ein Kumpel getan: Er wollte mit seiner freundlichsten Stimme ins Telefon flöten, er habe keine Zeit für ein Treffen. Er müsse dringend sein Fahrrad reparieren, das er vor zehn Jahren vor der Kirche abgestellt habe. Aber sonst jederzeit gerne! Leider wartete er Monate vergebens auf den Anruf – die richtigen Sätze bei jedem Klingeln bereits auf den Lippen. Merke: Wenn Sie den Kontakt abbrechen – rechnen Sie nicht mit ihrer Reaktion! Darauf kann man sich verlassen – und Verlässlichkeit ist eine der Stärken der Superzicke. Ja, richtig gelesen – auch sie hat ihre positiven Seiten. Sie können sie zum Beispiel nie kränken oder verletzen. Das spürt sie nicht. Probieren Sie ´s beim nächsten Date einfach aus!
Zum Schluss noch der versprochene Tipp, wie Sie mit einem einfachen Test vermeiden können, beim Dating an eine Superzicke geraten: Gehen Sie nicht zu dem vereinbarten Treffen und schalten Sie ihr Handy aus. Rufen Sie eine Woche später wieder an. Wenn Sie einen neuen Termin vereinbaren können, war es keine Superzicke.*

Zum Schluss noch ein Test für unsere weiblichen Leser/innen. Er weicht in den Kriterien von der Vorgabe ab, trifft aber wissenschaftlich ebenso genau zu.

Mehr IQ Tests und andere Quizzes!

 

*Es sei denn, sie hat das hier gelesen! Dann kommt sie und knallt Ihnen eine …

Die Liebe in den Zeiten der Pest

Wieder in die Hand genommen: Giovanni Boccaccio, das Dekameron. Zehn Abende – je zehn erzählte Geschichten; das ergibt nicht eintausend und eine, aber immerhin hundert Nächte mit einer erotisch-vergnüglichen Gutenacht-Geschichte. Jede einzelne zeigt, wie die Menschen zur Zeit der Renaissance mit dem Phänomen Liebe umgegangen sind. Christliche Religion, Standesunterschiede und ursprünglichere Moral- und Ehrvorstellungen einerseits, Lebenslust und Daseinsfreude andererseits treffen in immer neuen Konstellationen aufeinander.
Sieht so aus, als leben wir in einer ziemlich unerotischen Zeit. Heute stehen politische Korrektheit, Zweckrationalität und Gleichheitsanspruch dem unfassbaren Phänomen gegenüber. Liebe als lustvoller Wahnzustand wird vielleicht noch im privaten Raum gelebt. In der Öffentlichkeit findet sie nicht statt. Hier bestimmen Forderungen nach dem Verbot der Prostitution, Diskussionen um Schutz von und vor besonderen Abarten und Dating-Sites im Internet das Bild. Irgendwie fehlt uns der Humor.
Davon strotzt das Dekameron nur so: Ein Buch, das in unserer Zeit einschlafende Lebensnerven zu neuem Leben erweckt! Wer das nachprüfen möchte, erhält eine digitale Kindle-Version hier kostenlos!

Birds Meadow Blues

 

20130825-084236.jpgWalter von der Vogelweide
Singt einen coolen Blues
Für Prinzessin Herzeleide
Einen Liebesgruß.

Herzeleide, Herzeleide,
Bald vereint das Glück uns beide!

Inmitten all der Berge
Steht er wie aus Eis
Viele hundert Jahre
Zu ihrem Lob und Preis

Herzeleide, Herzeleide,
Bald vereint das Glück uns beide!

Er spielt auf seiner Leier
Ein Minnelied zur Huld.
Es braucht ein rechter Freier
Wohl hundert Jahr Geduld!

Herzeleide, Herzeleide,
Bald vereint das Glück uns beide!

 

Liebe und andere Seuchen

Wie sich alle um mich sorgen! Da empfiehlt mir eine entfernte Muse ein weiteres Werk über Liebeshändel – diesmal einen Klassiker: Søren Kierkegaards „Tagebuch des Verführers.“ Für einen naiven Idealisten ohne Arglist und Verstellung ein schwieriges Werk, weniger in Bezug auf das Lesen und Verstehen, als vielmehr auf die praktische Anwendung. Deshalb sage ich gleich, was mir am besten gefallen hat: „Es ist keine Kunst, ein Mädchen zu verführen, dagegen ist es ein Glück, eine zu finden, die es wert ist, verführt zu werden“‚ ( Seite 67 meiner Manesse-Ausgabe). Dieses Glück lässt sich dann ruhig lange auskosten – mit allen einschlägig bekannten Begleiterscheinungen wie Zerstreutheit, unnatürlicher Schüchternheit, mimosenhafter Empfindlichkeit oder auch ständigen Stimmungsschwankungen von der Euphorie in die Depression und zurück. Lange habe ich das vermisst – und der blasse Beziehungsalltag mit seinen Rücksichten und Höflichkeiten steht dazu im Verhältnis wie die Beerdigung zur Geburt.

Prinzessin Herzeleide

Es war einmal ein König, dem wurden drei Kinder geboren. Eines war klug und kräftig, eines war fleißig und ausdauernd. Das jüngste aber war ein Mädchen, das von allen guten Gaben der Eltern nur die besten in sich vereinte: Das war Prinzessin Herzeleide, schlank und zierlich, empfindsam und widerstandsfähig, höflich und ehrlich. Als sie erwachsen wurde, galt sie mit ihren dunklen Locken, ihrer alabasterfarbenen Haut und ihrer anmutigen Gestalt schon bald als das schönste Mädchen weit und breit. Der alte König hatte sie besonders in sein Herz geschlossen. Nun musste er nicht viel tun, um die klügsten und stattlichsten Jünglinge des Reiches an seinem Hof zu versammeln, die um sie werben wollten.
Ein edler Prinz hatte es ihr besonders angetan. Mit seinem nordischen Namen, seiner hünenhaften Gestalt und seinen blonden Haaren stach er aus der Menge der Freier heraus und mit seinem Mut, seiner offenen Art und seinem Stolz gewann er ihr Herz. Schon bald wurde Verlobung gehalten und ein prächtiges Hochzeitsfest ausgerichtet, denn jeder im Reich sollte an der Freude des alten Königs teilhaben und das junge Paar bewundern.
Herzeleide war eine Braut, wie man seit langer Zeit keine mehr gesehen hatte: Dank der Eleganz und Grazie ihrer Mutter kam sie den Elfen und Feen gleich, durch Bodenständigkeit, Geisteshaltung und Witz ihres Vaters wäre sie eine würdige Königin gewesen. Am Hochzeitsabend wollte jeder bei Hofe ihr persönlich seine besten Gaben und Wünsche darbringen. Herzeleide war überglücklich und sah einer wunderbaren Zukunft entgegen. Nur einmal im Verlauf des rauschenden Festes änderte sich ihre Stimmung, als eine weißhaarige, runzlige Burgfrau aus einem Seitenturm ihr die Huldigung entgegenbrachte. Mit ihren schwarzen, stechenden Augen bannte sie Herzeleide zu Stille und Besinnung, bevor sie sprach: „Den Du liebst, den fessle Nacht für Nacht. Der aber gebunden ist, den versuche nicht zu befreien. So wirst Du Deinen Namen gefahrlos tragen.“
Bald nach der Hochzeit zog Herzeleide mit ihrem Prinzen auf sein Schloss und begann ein glückliches Familienleben. Ebenso wie sie zog der Prinz Freunde und Wohlstand nur so an und es fehlte ihnen an nichts mehr zu ihrem Glück, als ihnen der erste Sohn geboren wurde. Jahre vergingen und die Prinzessin brachte ein Mädchen zur Welt. Sie führte den Haushalt, sie zog die Kinder auf, sie ließ ihre findigen Hände an vielen Stellen Gutes tun und überall ward sie geliebt. Des nachts im Bett aber war sie rechtschaffen müde – den Satz von der Alten hatte sie nie richtig bedacht: In Fesseln legen wollte sie niemanden, schon garnicht ihren Prinzen. Wenn der nicht in Freiheit bei ihr bliebe und immer wieder zu ihr fände, so wäre er ihrer eben nicht wert!
Und eines Morgens erwachte sie in ihrem hellblauen Himmelbett allein. Zum Frühstück, zum Mittagessen, selbst zur Nacht wollte sich ihr Mann nicht mehr zeigen. Als er schließlich wiederkehrte, von einer anderen zerzaust und von Reue zerknirscht – da schickte sie ihn zurück in die Freiheit, die er sich genommen hatte. Insgeheim weinte sie bitterlich, hütete sich jedoch, ihre Kinder etwas merken zu lassen. Sie nahm kaum Speisen zu sich und man hörte sie kaum noch lachen. Sie richtete sich auf ein pflichtbewusstes und entsagungsreiches Leben ein, das sie der Kinder wegen allein verbringen wollte: Niemand sollte das Andenken des Prinzen jemals trüben.
Bis sie eines schönen Tages einen entfernten Verwandten besuchte, der mit seiner Familie eine einsam entrückte Burg bewohnte. Glückliche Kinder umsprangen ihre Füße und glückliche Eheleute warteten ihr auf. Jedoch das Glück entpuppte sich schon bald als hohl und leer. Es war der Graf, der an einsamen Orte ihr sein Herz ausschüttete und sie als Seelenverwandte um Trost und Rat anging: Alles, alles hatte er erreicht und wie sein Weib alle Pflichten tapfer erfüllt. Doch die Liebe war ein flüchtiger Gast gewesen und hatte sie schon bald verlassen. Zu Tränen gerührt glaubte die Prinzessin ihr eigenes Schicksal zu erkennen und entbrannte in glühender Liebe. Doch so sehr der Graf ihrer Liebe bedurfte und sie noch heftiger zu erwidern versprach – sein Leben ändern wollte er nicht. Denn je mehr Herzeleide sich nach ihm verzehrte, desto bequemer wurde ihm sein Los: Von der Quelle einer solchen Liebe gelabt, verdurstete er in der trockensten Ehe nicht!
Die Prinzessin wollte Glück, das sie für sich selbst ersehnte, einer anderen nicht nehmen. Doch von ihrer Liebe konnte sie auch nicht mehr lassen. Nur das größere Leid um des Grafen Willen gab dem Verlust des Prinzen einen Sinn. So tat sich mit der Zeit unter ihrem Herzen eine klaffende Wunde auf und immer, wenn sie des Prinzen oder des Grafen gedachte, vergoss sie ihr kostbares Blut. Allmählich wurde sie blass und immer blasser und langsam gingen ihr die Kräfte aus. Und wenn sie nicht gestorben ist dann … liebt sie heut nicht mehr.

Utopische Liebesinsel

„Gestern wieder gevögelt. Keine besonderen Vorkommnisse.“ Wer in seiner dauerhaften Liebesbeziehung diesen in Jean-Paul Sartres „Ekel“ beschriebenen Tagebuch-Eintrag vermeiden will, sollte vielleicht zur „Insel der Linkshänder“ von Alexandre Jardin greifen. Der französische „Erfolgsautor“ schildert in einer Mischung aus Satire und Utopie, wie man länger Spaß an einer langen Zweierbeziehung hat. Keine Ahnung übrigens, warum Marina ausgerechnet mir dieses Stück Literatur verschrieben hat – denn ja: hier soll Medizin verabreicht werden. Nicht umsonst ist der Protagonist, der aus Britenklischees gewebte Lord Stork, von Beruf Literaturtherapeut. Um seine in spektakulärem Handstreich eroberte Herzensdame nach sieben Ehejahren nicht wieder zu verlieren, wandert er mit seiner Familie auf die Insel der Linkshänder St- Hélène im Südpazifik aus – die letzte Etappe per Heißluftballon. Schöne Reminiszenz an den „Luftschiffer Gianozzo“, wie auch Schilderungen schrullig-spießiger Gefühle öfter an den vor 250 Jahren geborenen Jean Paul erinnern. Die folgende Beschreibung des auf die Liebe ausgerichteten Lebens der Inselbewohner und ihrer gesellschaftlichen wie politischen Einrichtungen knüpft formal an die klassischen Utopien von Tomasso Campanella, Thomas Morus, Charles Fourier und Henri de Saint-Simon an. Inhaltlich stellt der Autor die Erfahrungen der sexuellen Revolution einschließlich gemäßigter weiblicher Emanzipation der viktorianischen Moral und ihren Beschränkungen gegenüber. Dabei kann er nur gewinnen – ebenso wie ich, der Leser. Gleich zu Anfang habe ich mich in den plumpen Fehlern des Lords wiedererkannt – alle weiteren mache ich dann bei nächster Gelegenheit! Gefallen hat mir, dass die Beziehungen zwischen den Geschlechtern tiefgründig und fair geschildert wurden. Schön auch, daß man das Thema ohne lebenshelferischen Anspruch und esoterischen Quark behandeln kann.

Liebesrausch

“Aber bedenke doch, Isabella: Die Liebe allein hat uns ins Dasein gebracht. Ohne die Liebe wären wir nicht – und wäre alles nichts.”

“Ich schätze die Liebe nicht viel höher, als einen guten Wein”, sagte sie zu Reynold. “Niemand würde es für eine gute Idee halten, die Trunkenheit zur Grundlage seines Lebens zu wählen.”